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Sumpfrohrsänger

Schon vor 50 Jahren, lange vor dem Bau des Südrings, der Universität, Lakeside oder des neuen USI-Gebäudes inmitten eines bis dahin unberührten Bruchwaldes, beklagte ein Vogelliebhaber die »negativen Auswirkungen von Kulturveränderungen auf die Vogelwelt« in der Ostbucht des Wörther Sees. Doch die Befürchtung, das Areal könnte als Vogelrevier verloren gehen, sollte sich nicht bewahrheiten. Heute bietet es »trotz weitläufiger Verbauung und partieller landwirtschaftlicher Nutzung (...) noch immer einer relativ reichen Avifauna Lebensraum«, so die Naturschützer Klaus Krainer und Peter Wiedner 1993 in »Carinthia II«. Allein die numerische Ausbeute des nur 0,5 Quadratkilometer kleinen Lendspitzes ist beträchtlich: 55 brütende Vogelarten wurden hier gezählt. Die Reichhaltigkeit eines Gebiets lässt sich anhand der Arten-Areal-Kurve auch für Laien illustrieren. Die nennt für ein doppelt so großes Gebiet den statistischen Erwartungswert von 39 Brutvogelarten. »Das untersuchte Gebiet ist somit ornithologisch als besonders artenreich anzusehen.« Hinzu kommen zahlreiche Nahrungsgäste und Durchzügler. Im Erlenbruch nisten Kleinspechte, Gartengras- und Mönchsgrasmücken; Sumpf- und Schwanzmeisen lieben Schwarzerlen. Der Charaktervogel der Hochstaudenfluren ist der Sumpfrohrsänger. Einer, der auch auf der Roten Liste der Brutvögel Kärntens steht, ist der kleine, unscheinbare Rohrschwirl. Er baut sein Nest knapp über dem Boden im Schilf, in das er auch unter Zuhilfenahme seiner Flügel hochklettert, um dort, gut eingespreizt zwischen den Halmen, sein kurzstrophiges Lied zu schwirln: »Tik tiktiktik ... örrrrrrr.« Das Lied des Drosselrohrsängers, der noch in den 1930er Jahren in unmittelbarer Nähe zu den Badeplätzen brütete, ist inzwischen, vermutlich wegen des Rückgangs des Röhrichts, verstummt. Hingegen sichern die an offenes Gelände grenzenden »zahlreichen Einzelbäume, Feldgehölze, Feuchtgehölze und Hecken« des Lendspitzes den Lebensraum u. a. für Turmfalken, Sperber, Waldohreule, Wendehals, Wacholderdrossel und Neuntöter.
Da das Fortschreiten der Kultur in der Landschaft nicht von selbst zum Stillstand kommt, beschloss die Kärntner Landesregierung 2005, im Landschaftsschutzgebiet Lendspitz-Siebenhügel und Maiernigg ein EU-konformes Natura 2000-Gebiet einzurichten. Für die hier lebenden 23 besonders geschützten Vogelarten und etwa 120 weitere inklusive der Durchzügler bedeutet dies hinlänglichen Schutz. Eine Vogelwarte, die bisher einzige in Österreich, ist geplant. Dort darf dann endlich uneingeschränkt geforscht und beobachtet werden. Bis 2010 soll der Artenrückgang der -sänger, -kehlchen, -drosseln, -meisen, -häher, -mücken, -tauben, -taucher, -schwirl, -alpe, -hälse, -läufer, -ammern, -linge, -itze und -litze gestoppt werden. Birdwatching ist schon jetzt angesagt. Nicht nur lokal, auch länderübergreifend: www.arge-naturschutz.at.

Tina Hofstätter