PRESSESTIMMEN

DIE WOCHENZEITUNG, 21. 12. 2006 [CH]
Slowenien durchwandern. Ohne Auto nach Triest
Von Bettina Dyttrich

In zweieinhalb Wochen von den Karawanken ans Mittelmeer.

In Kärnten, dem Land von Jörg Haider und seinen Fans, die am liebsten slowenischsprachige Ortstafeln abmontieren, ist das Leben für weltoffene Menschen nicht einfach. Aber es gibt sie, und sie sind unermüdlich. Zum Beispiel im UNIKUM, dem konsequent zweisprachigen Universitätskulturzentrum von Klagenfurt. Der Unikum-Geschäftsführer Gerhard Pilgram schreibt zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Wilhelm Berger und dem Fotografen Gerhard Maurer seit Jahren unkonventionelle Wanderbücher – zuerst zwei über Kärnten, dann «Slowenien entgegen» (siehe Reisebeilage in WOZ Nr. 36/04), das eine unspektakuläre und gerade deshalb spannende Fussreise von Klagenfurt nach Ljubljana vorschlägt. Doch sie hatten noch grössere Pläne: Sie wollten ans Meer. «Das Weite suchen» ist eine Weitwanderung von Villach über Slowenien nach Triest, dem einstigen Hafen des Kaiserreichs Österreich-Ungarn. Für den besseren Transport von Triest nach Wien und umgekehrt wurde vor gut hundert Jahren eine Bahnlinie gebaut, die heute noch in Betrieb ist. Ihr folgt die Wanderroute im Buch. So lässt sich die Wanderung problemlos fast überall beginnen und unterbrechen.
Die ganze Tour dauert zweieinhalb Wochen und durchquert eine Vielfalt von Landschaften: Von den feucht-grünen Karawanken und den nördlichen Julischen Alpen geht es ins mediterran geprägte Socatal, weiter über sanfte Rebberge und den heute gar nicht mehr so kargen Karst bis ans Mittelmeer. Die durchwanderten Gebiete haben eine turbulente Geschichte: Manche Gegenden im slowenisch-italienischen Grenzland gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn, dann zu Italien, wurden im Zweiten Weltkrieg von Deutschen besetzt, dann von Amerikanern verwaltet, dann jugoslawisch, 1991 schliesslich slowenisch und sind heute Teil der EU. Manche Idylle entpuppt sich als ehemaliges Schlachtfeld, auch wenn die Spuren der Kriege verschwunden sind. Die Autoren beschreiben kompetent Geschichte und Gegenwart von Fabriken und Alpen, Bahnen und Tourismusorten am Weg und zitieren die vielen SchriftstellerInnen, die zwischen Wien und Meer ihre Texte hinterlassen haben.
Zu kritisieren gibt es nur Details: Die Hintergrundtexte sind zu lang und wären besser unterteilt worden. Wie schon in «Slowenien entgegen» wären neben den Adressen der Unterkünfte ausführlichere Informationen über Preise, Essen und Einkaufsmöglichkeiten wünschenswert. Und was bei so belesenen Autoren schwer verständlich ist: Die Literaturliste fehlt. Doch «Das Weite suchen» bleibt ein wunderbares Buch. Allein die behutsamen, völlig «untouristischen» Fotos von Gerhard Maurer lohnen den Kauf.


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 2. 11. 2006 [REISE]
Von Bahnstation zu Bahnstation

Wanderführerliteratur, die auch den Geist anregt, ist schwer zu finden. Der Markt wird von straffen Einheitskonzepten dominiert, die für Bedenkenswertes keinen Platz lassen. Um so ungewöhnlicher ist das »Wander-Reise-Lesebuch« der beiden Kärntner Kulturschaffenden Gerhard Pilgram und Wilhelm Berger. Sie empfehlen und beschreiben eine siebzehntägige Fußreise ans Meer, von Villach nach Triest. Die Routenwahl ist nicht zufällig. Sie folgt zunächst der Karawanken-, dann der Wocheiner-, schließlich der Karstbahn – den Eisenbahnlinien, die die Habsburger vor etwa hundert Jahren zur Anbindung ihres einzigen Mittelmeerhafens bauen ließen. Man geht freilich nicht den Schienen entlang, sondern durchstreift die hügeligen, gelegentlich einsamen und fast immer touristisch unentdeckten Kulturlandschaften. Jede Etappe beginnt und endet an einer Bahnstation. Neunzig Prozent der Strecke liegen im heutigen Slowenien, dazwischen geht es kurz durch Italien und am Anfang für ein paar Kilometer durch das südlichste Bundesland Österreichs – was dem Titel »Das Weite suchen« eine gewisse Doppeldeutigkeit verschafft: Das Autorenduo macht sich auf und davon, fort aus den hoffnungslos zersiedelten Urlaubsarealen Kärntens, hinüber in eine Welt, in der die Uhren noch anders gehen, die Zeit hie und da regelrecht stehengeblieben scheint. Wer in den Themenkapiteln zu lesen beginnt, merkt sehr schnell, was einem handelsübliche Wanderführer gewöhnlich vorenthalten. Man erfährt etwas über die Arbeitsbedingungen beim Bau der Gebirgsbahn, den faschistischen Terror, dem die Bewohner des 1920 bis 1941 zu Italien gehörigen Bačatals ausgesetzt waren, und die Schrecken der Isonzo-Front, eines der blutigsten Kriegsschauplätze des Ersten Weltkriegs. Nicht immer geht es um große Geschichte. Thema wird, was am Wegrand liegt – die einzige Nudelfabrik Kärntens etwa, die im Zeitalter der Lebensmittelkonzerne ums Überleben kämpft. Die Folge ist eine Fülle lokal- und regionalgeschichtlicher Exkurse, in die auch sozioökonomische Betrachtungen einfließen. Als Leser übernimmt man den Blickwinkel eines Reisenden, der einerseits den atmosphärischen Stimmungen nachzuspüren versucht, das Gesehene andererseits aber auch kritisch hinterfragt. Umgesetzt wird diese Gratwanderung mit Hilfe einer feinen Ironie – eine Art rhetorischer Notwehr gegen die moderne Uniformierung der Ortsbilder und die weltweit fortschreitende Technisierung der Landschaft. Die Botschaft: Die Suche nach dem verlorengegangenen Idyll ist so notwendig wie gefährlich, sie zu genießen, ohne in den Strudel der Selbstbeschwörung zu geraten, die eigentliche Kunst des Reisens. Befördert wird diese Kunst durch die gewählte Fortbewegungsart. Die Langsamkeit des Gehens sorgt dafür, daß man sich der fremden Welt auch wirklich öffnet und dabei eine geistige Wachheit erreicht, in der Lust am Unterwegssein und kritisches Bewußtsein nebeneinander bestehen können – selbst dort, wo man auf »unerquickliche Ansiedlungen«, »skurrile Zeugnisse der Alltagskultur« und »Auswüchse des Massentourismus« trifft.
Die meist schwarzweißen Aufnahmen des Fotografen und Mitherausgebers Gerhard Maurer passen sich diesem Programm mühelos ein. Statt zu romantisieren, zeigen sie Verfall und Patina, die ungeschönte Realität von Siedlungsräumen, die aus der Geschichte gefallen scheinen und ihre Authentizität gerade in ihren Brüchen offenbaren. Auf Postkartenfotos, wie sie zum Beispiel im Sočatal selbst dem Amateur gelingen, wird hingegen verzichtet. Auch der praktische Wert des Buchs ist enorm. Weil man sich auf die offiziellen Wanderkarten nicht überall verlassen kann, werden alle siebzehn Routen im Text kurz und prägnant beschrieben, die Schlüsselstellen der Orientierung dabei durch Fettdruck hervorgehoben. Schließlich sind auch die Wege gut ausgewählt. Naturräumliche Perlen wie die eintrittspflichtige Vintgar-Schlucht werden einbezogen, Asphaltschlachten vermieden.


DER STANDARD, 9. 9. 2006 [ALBUM]
Die Landschaft, die sie durchwandern, hat Geschichte gesehen, als sie groß zu sein meinte und erlebt, wie sie wieder klein geworden ist. Eine der ersten Etappen, die von Faak am See nach Rosenbach führt, geht durch sogenanntes »Bandengebiet«, in dem sich im Zweiten Weltkrieg der Kampf slowenischer Partisanen in blutigen Auseinandersetzungen manifestierte, die bis heute Teil der unseligen, gern verschwiegenen Kärntner Familiengeschichte ist. Es spricht für das Einfühlungsvermögen und Distanzgefühl der Autoren, dass sie damit nicht billig auftrumpfen, aber auch nicht verschweigen, was an und abseits dieser Wege geschehen ist, die ab und zu von einsamen Denkmälern zur Erinnerung an die großen Opfer der kleinen Leute gesäumt werden.
(...)
Aber dennoch und immer noch liegen dazwischen und darüber, in sich gefältelt, hundertfach gebrochen und wieder ausgebreitet, Landschaften, in die sich die lebenslangen Mühen ihrer Bewohner um ein, wenn schon nicht besseres, so anderes Leben wie eine trotzige Schrift eingeschrieben haben, deren Zeichen nicht verwittern wollen. Sie reden in mehr als drei Sprachen, die hier zu hören sind, und sagen einfache Dinge, die man an den Peripherien immer deutlicher begreift als in den Mitten, etwa, das nichts aus der Welt ist, was nicht aus der Welt gegeben wird. Dass am Halten noch niemand froh geworden ist und niemand dauerhaft entscheiden kann, was bleibt. Das ist freilich nicht laut gesprochen, und wenn man nicht zu Fuß unterwegs ist, kaum zu verstehen.
(Samo Kobenter)

Doppelpunkt 2/06 (Fachzeitschrift für Bibliotheken in der Steiermark)
Detaillierte, mehrfachen Praxistests unterzogene Routenbeschreibungen, Anmerkungen zu Verkehrsverbindungen und Unterkunftsmöglichleiten ebnen den Weg dreiländerwärts zum Meer. Pilgram/Berger entwickeln einen mehrdimensionalen Zugang, um die Großregion zwischen Karawanken und Karst zu erschließen: Lokal- und regionalhistorische Ausführungen mit den Brennpunkten der Habsburger Monarchie, Erster Weltkrieg, faschistische und nationalsozialistische Okkupation, Realsozialismus wechseln mit aktuellen Stimmungsbildern, sozioökonomische Analysen mit mentalitäts- und kulturgeschichtlichen Befunden, Landschaftsbilder mit architekturhistorischen Bestandsaufnahmen. Kritische Untertöne bleiben dabei nicht ausgespart.
Folgeprojekt dringend erbeten!


ÖAV-Nachrichten 06/06
Es geht auf dieser Wanderung nicht um sportliche Höchstleitungen, um steile Gipfel und Klettereien, sondern um eine eher unbekannte, wunderschöne Landschaft und zeitgeschichtlich bemerkenswerte Orte.

Wienerland 06/06
Dem wandernden Trio gelingt bestens, die Reize, Stimmungen und kulturelle Verschiedenheiten einzufangen und virtuos aufs Papier zu bringen!

Club Bahnreise Magazin 02/06
Die Autoren lenken dabei den Blick vor allem auf die verborgenen Attraktionen und bewahren bei aller Begeisterung für die Landschaft den kritischen Blick.


Kronenzeitung 6. 6. 2006
Geistreicher Fussmarsch... Für Eilige ist das nix: Denn da werden bedachtsam Umwege eingesetzt, »aus dramaturgischen Gründen«, um Asphalt zu meiden etwa oder um »unerquicklichen« Ansiedlungen auszuweichen... Die bewährte Kombination aus Wegbeschreibungen, historischen Exkursen, kritischen Betrachtungen und reizvollen Fotos ist durchaus als Lektüre geeignet.

Kärntner Tageszeitung 9. 6. 2006
Eigen ist ihnen ein Zugang über Details, über eine gewisse Tristezza von einsamen Weilern bis zur Karstlandschaft. Neben den nützlichen Karten (Emil Krištof) vermitteln die Fotos von Gerhard Maurer die Suche nach einem Gesamteindruck abseits der Tourismusprospekte – mit Vorliebe für die Poesie des langsam Verfallenden oder einem mit Schnee »überzuckerten« Collio.

salzburg.at/freizeit/buecher
Wunderbare Landschaften, zahlreiche Naturdenkmäler und historische Schauplätze in sehr unterschiedlichen Kultur- und Naturräumen erwarten den Wanderer. Die Wanderungen verlaufen stets in Reichweite der Karawankenbahn, der Wocheinerbahn oder der Karstbahn, alle Ausgangs- und Endpunkte sind mit dem Zug erreichbar.