Die Kulturlandschaft im Dreiländereck zwischen Österreich, Italien und Slowenien ist Schauplatz einer musikalischen Landschaftserkundung unter der Leitung des Komponisten und Pianisten Paul Gulda. Eingebettet zwischen dem Höhenzug des Ofens/Peč/Monte Forno im Süden und dem größten Bergsturzgebiet des Ostalpenraumes, der Schütt, im Norden, erstreckt sich das naturräumlich stark gegliederte Untere Gailtal/Spodnja Ziljska dolina in der Gemeinde Arnoldstein/Podklošter. Durchschnitten wird das Gebiet von der namensgebenden Gail/Zilja und ihrem Zufluss der Gailitz/Ziljica/Slizza sowie von der unüberhör- wie unübersehbaren Südautobahn, die Kärnten mit Friaul verbindet und eine permantente Lärmquelle darstellt. Darüber hinaus bestimmen ehemalige und aktuelle Industrieanlagen den durch Erosion und Ablagerung geprägten Talboden und bilden damit den Gegenpol zu den historischen Siedlungen in den höheren Lagen der Umgebung.

Hier verdichten sich die historischen, sozialen und kulturellen Hintergründe zur besonderen Vielfalt wie auch Widersprüchligkeit der Region: als zweisprachiges Gebiet und Schnittpunkt dreier Kulturen, als einst umkämpftes Grenzland, als historischer Industriestandort, als gefährdete Naturlandschaft und krisenanfällige Tourismusregion.

Der Kon­trast von devastierter Landschaft und Naturidylle bzw. alter und neuer Kulturlandschaft spiegelt sich in einem Mix aus traditionellen, klassischen und experimentellen Klängen, die sich zu einer »Symphonie« in sieben Sätzen fügen. Sieben Stationen markieren auch den mehrstündigen Geländemarsch, der an der italienisch-österreichischen Grenze beginnt und in der ehemaligen Kirche auf der Klosterruine Arnoldstein endet.
Die Stationen im Einzelnen:
1. Grenzübergang Coccau/Kokovo Thörl/Vrata
Seit der Öffnung der Grenze bietet der alte Grenzübergang an der Bundesstraße mit seinen verwaisten Gebäuden ein fast surreales Bild. Eine Verladerampe vis-à-vis des ehemaligen Checkpoints dient als Bühne für das musikalische Vorspiel.

2. Pfarrkirche von Thörl-Maglern/Vrata-Megvarje
Nur einen Steinwurf von der Autobahn entfernt befindet sich eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Kärntens: die Pfarrkirche von Thörl-Maglern mit den mittelalterlichen Fresken von Thomas von Villach/Beljak. Der auratische Ort bietet sich für ein kontemplatives Zwischenspiel mit liturgischer/spiritueller Musik aus allen denkbaren Weltreligionen an.

3. Autobahnbrücke über die Gailitz/Ziljica/Slizza
Wer sich unter die Autobahnbrücke von Thörl-Maglern begibt, findet sich in einer faszinierenden »Kathedrale« wieder, deren himmelhohe Decke von gigantischen Betonpfeilern getragen wird und vom steten Verkehrslärm widerhallt. Diesem martialischen »Grundton« setzt Paul Gulda zarte klassische Klaviertöne entgegen und erhöht damit einen akustischen Unort zum Konzertsaal.
4. Schmale Brücke über die Gailitz/Ziljica/Slizza
Die Holzbrücke unterhalb von Maglern/Megvarje dient als musikalische »Mautstation«, bei der sich das Publikum mit einer Lied- bzw. Gedichtspende zum Thema Einsamkeit/Gemeinsamkeit die sichere Überquerung der Gailitz ersingen soll.
5. Hochplateau bei Seltschach/Sovče
Wie im Bilderbuch erstrecken sich die Wiesengründe auf der Geländestufe westlich von Seltschach. Die Schönheit und Harmonie der Landschaft überrascht in Anbetracht des nahen Industriegebietes umso mehr. Das bedrohte Idyll und die Versuchung der Destruktion sind das Thema dieser musikalischen Station.
6. Talstation der Dreiländereckbahn
Ein bemerkenswertes Industriedenkmal ist die Talstation der Sesselbahn zum Dreiländereck. Mittels Stahl, Blech und Beton manifestiert sich hier eine Architektur, die sich einst die Überwindung konventioneller Bauformen zum Ziel gesetzt und dabei ziemlich »schräge« Gebäude hervorgebracht hat. Am auffälligsten ist die Remise der Sesselbahn, die für dieses Musikprojekt als Bühne genützt wird.
7. Klosterruine Arnoldstein/Podklošter
Seinen würdigen und stimmungsvollen Abschluss findet das »Wanderkonzert« in der renovierten Klosterruine von Arnoldstein. Vor der Kulisse des Dobratsch und mit Blick auf den alten Ortkern versammeln sich alle beteiligten MusikerInnen zum Schlusskonzert und nützen dabei die verschiedenen Räumlichkeiten und Ebenen des historischen Ensembles.