Zu Rande Kommen
Eine Fuß- und Bahnreise von Ljubljana zum Meer

I. Weggang
Wanderung von Ljubljana nach Notranje Gorice
In der Metelkova City, Ljubljana
 
Am Wege
Avtonomi kulturni center Metelkova mesto | Metelkova City
Was Christiania für Kopenhagen, ist für Ljubljana Metelkova mesto: befreites Terrain, eine Stadt in der Stadt mit eigenen Gesetzen und Bewohnern, die »anders als die anderen« sind. Da wie dort ist es ein ehemaliges Militärgelände, das nach seiner Räumung von jungen Leuten besetzt wurde und seither, mit behördlicher Duldung, als Laboratorium für Gegenentwürfe zum bürgerlichen Leben dient. Selbstbestimmung, Basisdemokratie und Gemeinschaftseigentum sind hier keine leeren Phrasen, sondern gelebte Praxis von erstaunlicher Beständigkeit. Benannt ist das Areal nach der angrenzenden Straße Metelkova cesta, die an den katholischen Priester Franc Serafin Metelko erinnert, der um 1830 ein eigenes slowenisches Alphabet kreierte und damit scheiterte. Wurde Christiania schon 1971 gegründet, besteht Metelkova mesto erst seit 1991. Aber auch dessen Wurzeln reichen in die 1970er Jahre zurück, als die englische Punkbewegung ins sozialistische Jugo-slawien überschwappte und – vorwiegend in der Teilrepublik Slowenien – Freiräume eroberte, die sich der politischen Kontrolle entzogen. Diese Szene war es, die nach dem Abzug der Volksarmee die leerstehenden Kasernen im Südosten des Laibacher Hauptbahnhofs besetzte, ihren Abriss verhinderte und ein autonomes Kulturzentrum begründete.
Dass das Projekt bis heute existiert, ist dem taktischen Geschick der Besetzer, aber auch der Solidarität der Zivilgesellschaft zu verdanken, die die Staatsmacht stets vor einer gewaltsamen Räumung zurückschrecken ließ. Trotzdem musste Metelkova mesto im Laufe der Jahre auch Niederlagen hinnehmen, wie den Abriss einer selbstverwalteten Schule im Jahr 2006, der mit massivem Polizeieinsatz einherging, sowie Überfälle von Skinheads und Neonazis auf antirassistische Veranstaltungen. Erst nach dem Sieg der Linksparteien bei den Kommunalwahlen 2009 entspannte sich die Lage. Der seither praktizierte »konstruktive Dialog mit der Stadtverwaltung« und die Inanspruchnahme von Subventionen stehen allerdings auch im Verdacht der politischen Vereinnahmung. Jedenfalls ist Metelkova mesto mittlerweile zum Aushängeschild einer liberalen Kulturpolitik geworden, das aus der städtischen Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken ist und von Reiseführern als Sehenswürdigkeit gepriesen wird.
Das 12.500 m2 große Gelände umfasst sieben Gebäude mit Veranstaltungsräumen, Galerien und Werkstätten für ein gutes Dutzend Kulturintitiativen und Künstlergruppen. Größter Club und Konzertveranstalter ist die Gala Hala, andere nennen sich Channel Zero, Atelje azil, Gromka, Galerija Alkatraz oder Tiffany, letzterer ist Treffpunkt für Schwule und Lesben. Die zentrale Bar Jalla jalla liegt am »Hauptplatz« des Metelkova mesto und nimmt für sich in Anspruch, »keine legalen Beziehungen zur Stadt« zu unterhalten, also weder eine Konzession zu besitzen noch Steuern zu bezahlen.
Wanderer, die am frühen Morgen (auf dem Weg zum Meer) über das Gelände spazieren, werden von den Veranstaltungen des Metelkova mesto wenig bemerken – zu sehen bekommen sie dennoch genug. Wilde Graffiti, bunte Mosaike und surreale Installationen zieren die Fassaden der besetzten Häuser zieren und ergeben in ihrer Gesamtheit ein fröhliches Bild der Anarchie. Da erinnern bizarre Gnome, die an einem Gerüst hochklettern, an eine Grottenbahn, hier lässt die exotische Ornamentik einer Betonwand an fernöstliche Tempel denken und dort fühlt man sich angesichts der fantasievollen Sperrmüllverwertung nach Afri-ka versetzt. Einige Graffiti sind von seltener Qualität. Dazu gehören eine riesige Ratte, die als Kulisse der Müllinsel dient, eine Gruppe zähnefletschender Zombies, die zum benachbarten Museum zeitgenössischer Kunst blickt, und ein auf einem Kamel reitender Zwerg, der eine Malerrolle schwingt.
 
Einkehr:
Hostel Celica. Eine von der Hochschülerschaft der Universität Ljubljana betriebene Jugendherberge, deren Name auf die ehemalige Nutzung des Gebäudes als Militärgefängnis verweist. Wo schon in der Monarchie und noch zu Titos Zeiten Fahnenflüchtige und Kameradschaftsdiebe schmachteten, übernachten heute Reisende aus aller Welt und lassen sich den geringen Komfort gar nicht so wenig kosten. 00386 1 2309700, www.hostelcelica.com

Am Wege: Brücken und Stege