Am Tromostovje von Jože Plečnik

Brücken und Stege

Ihren besonderen Reiz verdankt die Laibacher Altstadt nicht zuletzt einer Handvoll von mostovi über die Ljubljanica, die allesamt bedeutende Kulturdenkmäler sind und jeweils ihren eigenen Charakter haben. Sie ermöglichen dem Wanderer einen kurzweiligen Zickzackkurs und damit einen ständigen Perspektivenwechsel, der den Fluss als Hauptachse der Stadtlandschaft erscheinen lässt.
Wer vom Norden kommt, quert die Ljubljanica erstmals auf dem Zmajski most, der Drachenbrücke, die 1901 zu Ehren Franz Josef I. eingeweiht (aber erst 1907 fertiggestellt) wurde. Die für damalige Verhältnisse kühne Stahlbeton-Konstruktion war die erste ihrer Art in Europa und wird von Architekturführern als eine der schönsten Jugendstilbrücken Europas bezeichnet. Architekt war Jurij Zaninovič, ein Schüler des österreichischen Sezessionsarchitekten Otto Bauer. Bewacht wird die Brücke von vier furchteinflößenden Drachen aus gehämmertem Kupferblech, die aus einer Wiener Werkstatt stammen und zum inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt geworden sind. Hübsch anzusehen sind auch die in das Geländer integrierten Bronzekandelaber, die einst mit Gas versorgt wurden. Die ursprüngliche deutsche Aufschrift an der Brücke wurde nach dem 1. Weltkrieg entfernt.
150 m weiter westlich verbindet die 2010 eröffnete Fleischer-Brücke, Mesarski most, den Laibacher Markt mit dem nördlichen Flussufer. Schon in den 1930er Jahren war an dieser Stelle ein Übergang geplant, der jedoch wegen des Krieges nicht realisiert wurde. War damals noch eine monumentale Brücke vorgesehen, zeichnet sich die heutige Konstruktion durch noble Zurückhaltung aus. Die 17 m breite, leicht gekrümmte Stahlkonstruktion trägt einen hellgrauen Belag aus Marmorplatten, beidseitig von einem Glassteg gesäumt, der die Fußgänger über dem Wasser schweben lässt. Ein Geländer aus Metallprofilen und Stahlseilen unterstreicht die Transparenz des Bauwerks, hat aber auch etwas Verspieltes, weil es mit hunderten Vorhängeschlössern versehen ist, mit denen sich Liebespaare ihrer ewigen Treue versichert haben. Die dazugehörigen Schlüssel liegen am Grunde der Ljubljanica. Einen düsteren Kontrast zu solcher Romantik bilden die Bronzefiguren von Jakov Brdar, darunter ein ausgeweideter Prometheus, ein zombieartiger Satyr sowie eine Reihe grotesker Tierfiguren.
Die Dreibrücke, Tromostovje, gehört zu den bekanntesten Bauwerken des slowenischen »Nationalarchitekten« Jože Plečnik, obwohl die mittlere Brücke die Arbeit eines italienischen Baumeisters aus dem Jahr 1842 ist. Plečniks Verdienst war es, den Übergang 1929 zu verbreitern und mit zwei Seitenbrücken zu ergänzen, die fächerartig angeordnet sind und so den Verkehrsstrom in verschiedene Richtungen lenken. Dazu kommen vier Stiegenabgänge, Gerbertreppen genannt, die zum Flussufer und zum Fischmarkt führen. In Verbindung mit den Brückengeländern aus unzähligen weißen Steinsäulen lässt die Konstruktion an ein Gebilde von M. C. Escher denken, vor allem, wenn die tiefstehende Sonne scherenschnittartige Schatten wirft. Dabei wird aber auch die Kritik nachvollziehbar, die gelegentlich an Plečniks Bauten geübt wird, nämlich, dass ihnen etwas Gekünsteltes anhafte, weil die Funktion der Form untergeordnet worden sei und die Schönheit mangels Gebrauchswert hohl erscheine. Der Verdacht erhärtet sich bei der Rückschau auf die zweigeschossige Nordfront der Markthallen, die sich wie eine Theaterkulisse in der Ljubljanica spiegeln und ein befremdlich imperiales Gehabe an den Tag legen. Dazu tragen vor allem die tempelartigen Säulen und andere Anleihen aus der antiken Baukultur bei, die man auch kaum als innovativ bezeichnen kann.
Für Fachleute wie Boris Podrecca ist Plečnik trotzdem »ein moderner Klassizist im besten Sinne«, der zeitlose und regionale Stilelemente auf eigenständige Weise zu verknüpfen wusste und Ljubljana mit genialen städteplanerischen Würfen ein unverwechselbares Gepräge verliehen hat. Letzteres trifft zweifellos auf viele von ihm gestaltete Plätze sowie auf die Terrassen am Ljubljanica-Ufer zu, deren Aura noch immer spürbar ist. Den für Plečnik typischen Stilmix, vielleicht ein Vorbote der Postmoderne, wird man aber vom Vorwurf der Beliebigkeit nicht ganz freisprechen können. Das zeigt sich auch an der von ihm 1931 fertiggestellten Schusterbrücke, Čevljarski most. Sie besteht wie der Tromostovje aus Kunststein und wird von einem zweibogigen Mittelpfeiler getragen, der wie ein Zitat aus dem Mittelalter anmutet. Als Aufputz dienen zwölf hohe Säulen mit verschnörkelten Kapitellen, auf denen kleine Steinkugeln sitzen, sowie zwei weitere Pfeiler, die jugendstilartige Lampen krönen. Bemerkenswert ist die ungewöhnliche Breite der Brücke, die in der Dimension den angrenzenden Jurčičev trg sogar übertrifft. Ursprünglich befand sich hier eine Holzbrücke (mit mehreren Schusterwerkstätten), die 1867 durch eine gusseiserne Brücke ersetzt und später von Plečnik flussabwärts versetzt wurde.
Seit seiner Renovierung und neuerlichen Verlegung überquert dieses technische Denkmal unter dem Namen Hradeckega most die Ljubljanica unweit der Einmündung des Gradaščica-Baches. Die 31 m lange Konstruktion ist das Werk des Wiener Ingenieurs Johann Hermann und gilt als eine der innovativsten freitragenden Eisenbrücken ihrer Zeit. Die einzelnen Bestandteile wurden in einer Krainer Eisengießerei produziert und vor Ort zusammengeschraubt. Tragende Elemente sind schlanke Hohlkörper, durch die der Materialaufwand erheblich reduziert werden konnte, ohne die Tragfestigkeit zu beeinträchtigen. Noch bis 2004 wurde die heute für den Autoverkehr gesperrte Brücke auch von LKWs befahren. Ihr inoffizieller Name, »Brücke des Todes«, stammt aus der Zeit, als sie noch das städtische Krankenhaus mit der Leichenhalle verband, und ist ihr bis heute geblieben.